Der W05 F1 Hybrid ist schneller als der Auslöser der Kamera; ich habe die Leitplanke fotografiert. Schon wieder! Gummigeruch und Rauchschwaden wabern rund um das Mercedes-Benz Museum und vermischen sich mit dem Duft von Bratwürstchen. Und das ist an diesem Tag der Duft der großen weiten Welt – hier in Stuttgart: Denn wir hier am kleinen Rundkurs; also 50.000 Besucher und Lewis Hamilton und Nico Rosberg, sind Formel 1 Weltmeister! Es war eine äußerst hart umkämpfte Saison zwischen Hamilton und Rosberg, auch mit Remplern und kleinen Psychospielchen, entschieden im letzten Rennen. Aber egal, was in den Medien zu lesen stand, an diesem Samstag kann Jeder sehen, die Beiden sind faire Sportsmänner, respektieren sich und freuen sich als Teil des Teams über Konstrukteurs- und Fahrertitel. Plus Vizeweltmeisterschaft von Nico Rosberg. Mehr gewinnen ging nicht.





„Der Titel war eine Mannschaftsleistung, der Teamgeist hat triumphiert“ sagt auch Daimler-Chef Dieter Zetsche, stolzer wie publikumsnaher Gast, ebenso wie die Motorsportchefs Niki Lauda samt „Kapperl“ und Toto Wolf. Da war doch noch was? Ach ja, Fußballweltmeister sind wir ja auch! Deshalb sind Franz Beckenbauer, Joachim Löw und Oliver Bierhoff natürlich ebenfalls zu Stars &Cars erschienen. Was für ein sportliches Jahr!
1954-2014: Geschichte wiederholt sich
Vor 60 Jahren wurde Deutschland ebenfalls Fußballweltmeister und Fahrerlegende Juan Manuel Fangio holte für Mercedes-Benz die Formel 1-Weltmeisterschaft. Sein Auto, der W196 R ist an diesem Tag ebenso vertreten, wie viele weitere automobile Schätze von Mercedes-Benz Classic. Ein Hochgenuss beim Hören (Taubwerden), Riechen und Anschauen: Vom Mercedes Grand-Prix Wagen von 1914, dem „weißen Elefanten“ SSK (Baujahr 1931) über den W25 (erster Silberpfeil) aus dem Jahr 1934, den Kompressor-kreischenden, furchteinflößenden W125 mit 592 PS aus dem Jahr 1937, den SLR “Uhlenhaut” und “Mille Miglia” aus den 50ziger Jahren, den DTM 190er Mercedes, den aktuellen C-Klasse DTM-Coupés, den SLS GT3 … und und und.
„Zukunft braucht Herkunft“ lautet ein Spruch, und dass er stimmt, wird bei den Rennklassikern klar. Auch einige berühmte Fahrer früherer Jahre sind heute mit dabei, Hans Herrmann, Sir Stirling Moss, Jochen Mass, Karl Wendlinger, Ellen Lohr, Roland Asch, Klaus Ludwig. Zusammen stehen sie für Abertausende von Rennkilometern, Dutzende von Siegen für den Stern und haarsträubenden Nordschleifen-Abenteuern. Und sie teilen immer noch eine gemeinsame Leidenschaft: „Need for Speed!“.
Da grollt der SLR ganz entspannt aus den Sidepipes
Ich beobachte die beiden ältesten Fahrer im Feld, Stirling Moss und Hans Herrmann, wie sie aus der Box starten. Natürlich fällt im Alter um die 80 Jahre das Einsteigen in die engen SLR-Boliden nicht mehr so leicht wie damals. Aber einmal im Sitz, ist es faszinierend zu sehen, mit welcher Sicherheit und Routine sie die Rennautos immer noch bewegen: Schlüssel umdrehen, mit der richtigen Gaspedalstellung starten, trotz schwierigem Druckpunkt der Kupplung ohne Ruckeln und Abwürgen elegant aus der Box gleiten. Da grollt der SLR ganz entspannt aus den Sidepipes. Alte Freunde. Als würde Unsereiner mit der B-Klasse zum Einkaufen fahren.





Ellen Lohr verlegt den Bremspunkt
Und während Ellen Lohr im Mercedes 500 SLC Rallye von 1980 den Bremspunkt am Ende der Geraden immer weiter nach vorn verlegt, was die Reifen mit Quietschen und die Zuschauer mit Johlen quittieren, gehe ich in der Box auf ein weiteres besonderes Auto zu: den Sauber-C9-Mercedes aus dem Jahr 1989. Einige Männer, die ihn fuhren, sollten in der Formel 1 der Neuzeit eine wichtige Rolle spielen…
Die jungen Wilden und ihr Lehrmeister
…1988 beschloss Daimler-Benz die werksseitige Unterstützung des „ Sauber Gruppe C-Renn-Programms“. Der Sauber-Mercedes C9/88 mit den Stammfahrern Jean-Louis Schlesser, Jochen Mass und Mauro Baldi war bald ein echter Gegner für Jaguar und Porsche in der Sportwagenweltmeisterschaft. Sechs Siege und Rang zwei in der Teammeisterschaft lautete das Ergebnis von Mercedes-Benz Rückkehr in den internationalen Motorsport nach 33 Jahren. Man entwickelte den V8-Turbomotor weiter, der jetzt 720 PS leistete. Sieben Siege in der Sportwagenweltmeisterschaft, der Gewinn des Fahrertitels durch Jean-Louis Schlesser, ein Doppelsieg bei den 24 Stunden von Le Mans mit den Fahrern Jochen Mass, Manuel Reuter und Stanley Dickens sowie Mauro Baldi, Kenny Acheson und Gianfranco Brancatelli war nicht weniger als die Wiedergeburt der Silberpfeile!
Für 1990 stand die Ablösung des C9 durch den neuen Sauber-Mercedes C11 an, der die Sportwagenweltmeisterschaft in dieser Saison nach Belieben beherrschen sollte und acht von neun Rennen gewann. Jochen Mass teilte das zweite Fahrzeug abwechselnd mit den damals noch unbekannten Talenten: Michael Schumacher, Heinz-Harald Frentzen und Karl Wendlinger. Die jungen Wilden des Mercedes-Junior-Teams konnten ihr Talent beweisen und gewannen gemeinsam mit Mass in Spa (Wendlinger) und Mexiko (Schumacher). Bald darauf sollten sich Mercedes-Benz, Karl Wendlinger, Heinz-Harald Frentzen und Michael Schumacher in der Formel 1 wiederfinden. Der Sportwagen war also der Ursprung für spannende Kapitel der folgenden Formel 1-Geschichte.





Haben Sie noch einen 25 Jahre alten Computer zu Hause?
Claus Balle bereitet den C9 heute technisch für seinen Auftritt bei Stars & Cars vor. Er war schon damals bei Sauber Rennmechaniker, kennt das Auto in- und auswendig. Zusammen mit einem Kollegen muss er alle Flüssigkeiten kontrollieren, Schrauben nachziehen, Sensoren und Steuergeräte abgleichen. Letzteres sagt sich so leicht. Haben Sie noch einen 25 Jahre alten Computer zu Hause? Zum Glück ist das Team von Balle hochspezialisiert und kann mittels uralter Soft- und Hardware noch mit der Bosch-Motronic des C9 kommunizieren. Dann ist es soweit: Den V8 vor seinem Start 15 Minuten warmlaufen lassen, mit abgeschraubten Rädern bei laufendem Motor das Getriebe durchschalten, zum Schluss die Front- und Heckverkleidung befestigen.
Der C9 bei der Warmlaufphase in der Box: Was für ein Sound!
Ich treffe Karl Wendlinger und Jochen Mass: „Ich bin damals aus der Formel 3 gekommen und war nach einem ersten Test vom C9 sehr beeindruckt“ sagt Karl Wendlinger. Diese Motorleistung und Spitzengeschwindigkeiten von fast 400 km/h waren für uns im Junior-Team schon erstmal eine Herausforderung, aber Jochen war uns ein guter Mentor, ein Freund.“ Und Jochen Mass ergänzt: Durch die gute Vorbereitung waren die Autos damals die besten. Und es hat mir als Methusalem wirklich Spaß gemacht, den Nachwuchs großzuziehen.“
„Keep fighting Michael!“
Karl Wendlinger denkt dieser Tage und wenn er den C9 bei historischen Motorsport-Veranstaltungen bewegt, oft an den Kollegen, der heute nicht da ist. Michael Schumacher hätte es sicher Spaß gemacht, bei Stars & Cars dabei zu sein und den WM-Erfolg des Teams mitzufeiern. Auf dem siegreichen W05 F1 Hybrid steht ein Schriftzug: „Keep fighting Michael!“ Damit ist klar: Er ist immer noch Teil des Teams. Und heute sind 50.000 Mitglieder da. Die Motorsport-Saison 2015 kann kommen…z.B…haben wir da bei der DTM noch eine Rechnung offen….
PS: Wollen Sie ein von Weltmeister Lews Hamilton signiertes “Käppi” gewinnen? Dann schreiben Sie die richtige Antwort auf unsere Quizfrage in die Kommentarfunktion! Wer zu erst (richtig) kommentiert, “trägt” zuerst. Hier die Frage: Um was handelt es sich (Foto unten) bei dem blauen Gerät am W125? Achtung: Quiz beendet!
A: ein Batterieladegerät
B: ein Vorwärmgerät für den Kühlerkreislauf
C: einen externen elektrischen Anlasser
Hier die Auflösung: C ist richtig! Mit diesem elektrischen Anlasser wird der Motor des W125 gestartet. Als Erster gewusst hat es Richard Leitmann. Herzlichen Glückwunsch, wir schicken Ihnen das Käppi zu!