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Genf: Gedränge und eine Menge Neuigkeiten

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Ich empfehle allen Journalisten und Besuchern, die sich dieser Tage beim 86. Automobilsalon in Genf tummeln, die Messe zweimal abzuschreiten. Warum? Weil man dabei zwei komplett unterschiedliche Eindrücke gewinnen kann.

Schlüssel-reizend & Voodoo: Her mit der Flex

Bei der ersten Runde im Gedränge bin ich überfordert, geflasht und am Ende gereizt. Zu viele per Mikrofon lautstark verkündete Superlative in der Luft. Information Overflow. Nö, ich fotografiere keine Schlüssel-reizenden Hostessen, die lasziv wie kalt Autos bewerben, die technisch wenig Neues bieten. Oder gar Nachhaltiges.

Ich möchte am Stand eines Tuners (Veredlers), der einen Mercedes AMG SLS so breit wie lang gemacht hat, am liebsten zur Flex greifen (gibt es im Untergeschoss beim Zubehör) und die größte Verunstaltung der Veranstaltung wieder entfernen. Und „no“, Signore, es hat einfach keine Grazie, wie Sie sich als „Best Ager“ in den roten Flachmann fallen lassen. „Voodoo-Messe“ schreibt Journalist Thomas Fromm über Genf in der SZ.

Aber ich will einen zweiten Eindruck, einen genaueren Blick. Neuigkeiten mit Substanz. Will mit Menschen reden: Wie sieht es bei uns, bei Daimler aus? Alles Voodoo oder was? Auf in die zweite Runde!

E-Klasse und autonomes Fahren

Wenn man sich mit Michael Hafner unterhält, dann wird schnell klar, dass die Entwickler bei Mercedes-Benz eine Vision der mobilen Zukunft vor Augen haben, die nicht auf „tiefer, breiter, schneller“ reduziert ist. Michael Hafner ist Leiter Fahrerassistenzsysteme und aktive Sicherheit in der Entwicklung von Mercedes-Benz. Er verantwortet mit seinem Team radar- und kamerabasierte Assistenzsysteme, ESP und automatische Notbremssysteme, sowie die Elektronik für Fahrwerkssysteme. Hafner studierte Elektrotechnik und Industrielle Informationstechnik gefolgt von einer Promotion im Bereich Automatisierungstechnik.

Michael Hafner

Der IT-Kenner aus Leidenschaft erläutert mir den Weg von Daimler zum autonomen Fahren:

„Ziel ist das fahrerlose Fahren, dem wir uns schrittweise aber konsequent nähern. Heute gibt es noch keine serienzugelassenen, autonom fahrenden Fahrzeuge. Dies ist alles noch im Entwicklungsstadium, aber wir arbeiten intensiv daran.“

Was wir mit der neuen E-Klasse jetzt einführen, markiert beim teilautonomen Fahren die aktuelle Innovationsspitze: Ein wichtiger Schritt in Richtung vollautomatisiertes Fahren.

Vollbremsung und Schwarmverhalten

Die neuesten Generationen von Kamera-, Ultraschall- und Radarsystemen ermöglichen es der neuen E-Klasse in vielen weiteren Situationen, teilautomatisiert zu fahren. Sie erkennt beispielsweise das Ende eines Staus und kann bis zu einer Geschwindigkeit von 100 km/h noch eine unfallvermeidende automatische Vollbremsung einleiten.

Einem vorausfahrenden Fahrzeug kann die neue E-Klasse bis zu einer Geschwindigkeit von 210 km/h zuverlässig folgen, ohne dass der Fahrer bremsen oder Gas geben muss. Der neue DRIVE PILOT macht dies möglich.

Bis 130 km/h sind nicht einmal die weißen Begrenzungslinien auf der Straße nötig: Die E-Klasse orientiert sich einfach am übrigen Verkehrsfluss. Die Ingenieure bei Mercedes-Benz nennen das „Schwarmverhalten„.

Öffnen und schließen lässt sich die neue E-Klasse sogar mit dem Smartphone, und kann damit auch ferngesteuert in enge Parklücken gefahren oder in der Garage „parkiert“ werden, wie der Schweizer sagen würde.

E-Klasse

Was können, was dürfen wir die Autos selbst entscheiden lassen?

Die zentrale Frage beim autonomen Fahren lautet: Was können, was dürfen wir die Autos selbst entscheiden lassen und wie sieht hierbei die Strategie von Mercedes-Benz aus?

„Die fachliche Diskussion dazu ist im vollen Gange. Darüber hinaus bedarf es aber auch eines gesellschaftlichen Diskurs“ sagt Michael Hafner

Unsere Maxime bei Mercedes-Benz liegt darauf, Unfälle  zu vermeiden oder, wenn es nicht anders geht, die Schwere des Unfalls zu vermindern.

Doch heute ist laut Gesetzgebung immer noch der Fahrer in der Verantwortung. Deshalb schlägt die E-Klasse beim teilautomatisierten Fahren Alarm, wenn man länger die Hände zu lange vom Lenkrad nimmt. Wer dann immer noch nicht reagiert, den bremst der „Nothalt-Assistent“ sicher bis zum Stillstand.

Fahren im Jahr 2030

Wie sieht dann für Michael Hafner das Mercedes-Fahren im Jahr 2030 aus? „ Dann gibt es sicherlich das Angebot, dass sich die Insassen komplett autonom fahren lassen können“, so Hafner. Zum Beispiel auf der Autobahn oder in eintönigen Situationen nimmt das Auto dem Reisenden das Steuern ab.“

In (der) Zukunft nie wieder selbst am Steuer, denn das Steuer gibt es dann nicht mehr? Hafner ist zumindest bei Autos mit Stern davon überzeugt: „Lenkrad und Pedale bleiben. Denn es wird auch in Zukunft viele Situationen geben, wo der Fahrer gerne selbst steuert.“

Seine persönlichen Lieblingsdetails bei der neuen E-Klasse? „Der Aktive Spurwechsel-Assistent, der Remote Park-Pilot, oder mir über das Widescreen-Zentraldisplay mit 31,2 cm Bilddiagonale anzeigen zu lassen, was ich individuell an Informationen brauche“ schwärmt Hafner.

Renata Jungo Brüngger

Alles, was Recht ist

Von einem, der die technischen Aspekte des autonomen Fahrens bis ins Detail bedacht hat, zu einer Juristin bei Daimler, die sich mit den rechtlichen Aspekten dazu beschäftigt: „Ich freue mich, hier für Daimler auf dem Genfer Automobilsalon zu sein, zumal ich nicht weit von Genf, in Fribourg, aufgewachsen bin“ sagt Renata Jungo Brüngger.

Die Schweizerin und Juristin ist neues Mitglied im Daimler-Vorstand für Integrität und Recht. Und ganz nebenbei Autofan. „Das neue C-Klasse Cabriolet werde ich mir später noch genauer ansehen, das gefällt mir“ sagt sie. Ihr Ressort hat mehr mit Fahrzeugen und Mobilität zu tun, als ich mir zunächst denke. Stichwort „Autonomes Fahren“ so Renata Jungo Brüngger, die meinen fragenden Blick erkennt.

Vorstand der Daimler AG smart fortwo Cabrio Interieur S-Klasse Maybach Wahl des Displays Forschungsfahrzeug F 015 Vorstandsmitglied Ola Källenius

Es kommen neue Assistenz-Systeme, die auch mit Regeln und Rechtssicherheit begleitet werden müssen. Gerade in Zukunft, wenn wir das autonome Fahren verstärkt  auf den Straßen haben werden, müssen wir den rechtlichen Rahmen dafür schaffen.

„Wir begleiten das Thema auch aus datenschutzrechtlicher Sicht und es stellen sich auch ethische und moralische Fragen. Das ist ein interdisziplinäres Projekt, in dessen Rahmen wir auch sehr eng mit Kollegen aus dem Entwicklungsbereich zusammenarbeiten.“ Gut zu wissen!

C-Klasse Cabrio16.9

Bella figura

Das Mercedes-Benz C-Klasse Cabrio schaue ich mir jetzt auch mal an, eine Welt-Premiere auf dem Genfer Salon. Kennen Sie das? Viele Cabrios sehen machen offen eine bella figura, wird das Dach aber geschlossen, dann stimmen die Proportionen, die Linienführungen nicht mehr. Kapuze statt Klasse.

Beim C-Klasse Cabrio wurde darauf geachtet, dass sich das Cabrio bei geschlossenem Dach nur unwesentlich vom Coupé unterscheidet. Und das mit einem Stoffdach! Es kann auch als mehrlagiges Akustikverdeck geordert werden, dies bedeutet in geschlossenem Zustand absolute Ruhe.

C-Klasse Cabrio 16.9

Manche Verdecke werden bei schnelleren Fahrten auf der Autobahn fast zu einer Art „Bremsfallschirm“ und türmen sich durch den Winddruck auf- nicht gut für Verbrauch und Geräuschentwicklung. Das C-Klasse Cabrio besitzt hingegen einen Cw-Wert von 0,28, besser als so manche Limousine, was sich natürlich positiv bei Verbrauch und Emissionen bemerkbar macht.

Ich öffne das Verdeck in 20 Sekunden, schaue nach oben und sehe leider keinen Frühlingshimmel, sondern die Scheinwerfer und die Hallendecke.

smart16.9

Taucherbrille

Schade eigentlich. Das müssen sich die Kollegen vom smart-Stand auch gedacht haben und bieten für das neue smart fortwo Cabrio einen „virtual testdrive“ an. Ich ziehe mir eine Art riesige Taucherbrille plus Kopfhörer auf und sehe damit ein wenig doof aus.

Aber das sehe ich ja nicht mehr, denn ich bin schon beim virtuellen test drive smart Cabrio in Florida. Schaue ich nach links, sehe ich eine junge Frau, die mich herumfährt und mit mir auf Englisch spricht. Geradeaus und rechts von mir passieren laufend täuschend echte Szenen mit Streetbikern, Skatebordfahrern und irgendwie allen hippen Vertretern von Jugendkultur. Großartig! Fehlt nur noch, dass ich auch in ein car2go umsteigen kann.

Kai Sieber

Designer und Pizzabäcker

Nach mir hat sich ein Mann zur virtuellen Probefahrt angestellt, der sich immer für neue Trends interessiert: Mercedes-Benz Designer Kai Sieber, unter anderem verantwortlich für das Design der neuen V-Klasse. „Ich bin hier, um das Auto zu repräsentieren, aber auch, um mir Inspiration für meine Arbeit zu holen. Und ich freue mich auf die Gespräche mit Medien und Kollegen.“

Ich frage ihn nach dem Feedback der Kunden, was wird am meisten an der V-Klasse geschätzt? „Es ist ein riesiger Sprung Richtung Luxusfahrzeug, die Besitzer sagen, dieser Van sei jetzt in der Pkw-Welt angekommen.“ Das freut Sieber, der selbst überzeugter V-Klasse-Fahrer ist und sich jeden Tag (ganz Designer) über das mit Leder bezogene Armaturenbrett und die feinen Nähte freut.

Worauf fällt sein fachlich strenger Blick hier in Genf, ist er offen für Ideen von überall her? „Ich gucke mir möglichst viele Show-Präsentationen und deren Concept-Fahrzeuge an, ganz gleich, um welches Segment es sich handelt. Ich finde es immer spannend, zu sehen, auf was für Ideen Kollegen kommen, gute oder weniger gute. Und typischerweise treffe ich immer auf Designer-Kollegen anderer Auto-Marken bei einem Showcar.“

Sieber ist ein großer Fan des Genfer Autosalons. „Als junger Student konnte ich mir in einem Jahr den Eintritt nicht leisten. Also habe ich mich damals dann als Pizzabäcker eines Lieferservice verkleidet und habe es tatsächlich nach drinnen geschafft“ schmunzelt er.

motor 16.9

It´s your motor, man!

Im Vorbeigehen auf dem AMG Stand fällt mir auf, dass ein Motor sehr häufig fotografiert wird. Ein wirklich schönes Schnittmodell. Es ist der AMG Vierzylinder-Turbomotor, 2 Liter Hubraum, 381 PS. Viel Leistung, wenig Verbrauch. Und ein Mann, der ihn gebaut hat und heute leider nicht Genf ist: „Dennis Daumann“ steht auf der Plakette. Daher auf diesem Wege liebe Grüße: „Hey Dennis, weißt Du eigentlich, dass Dein Motor wahrscheinlich hundertfach im Netz ist?“

Jessica_Engelke

Rot geworden

Es gibt nicht viele richtig knallrote Autos am Mercedes-Benz Stand in Genf. Genauer gesagt: Eines. Und das sieht gut aus. Der neue SLC 43! (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 7,8 l/100 km, CO2-Emissionen kombiniert: 178 g/km) Die „43“ steht für den von AMG weiterentwickelten 3,0-Liter-V6-Biturbomotor.

Der Mercedes-AMG SLC 43 ist damit das erste Fahrzeug der Affalterbacher V6-Modelle, das die neue Nomenklatur trägt. Und dazu noch 367 PS unter der Haube. Frage an die Produktmanagerin Jessica Engelke: „Jetzt mal ehrlich, der SLC, Frauen-Auto, Männer-Auto, für wen ist der Zweisitzer denn nun gedacht?“ „Für alle die einen kompakten, wendigen und offenen Sportwagen mit hoher Qualität und Alltagstauglichkeit zu schätzen wissen“ sagt Jessica Engelke.

Variodach und Verkaufserfolg

Und das waren bisher nicht wenige. Männlein wie Weiblein. In den vergangenen 20 Jahren wurden von den bisherigen drei SLK-Generationen 670.000 Fahrzeuge verkauft. Jessica Engelke arbeitet im Produktmanagement an der Schnittstelle zwischen Kunde und Entwicklung und geht stets der Frage nach, ob das, was am Markt ist nachgefragt ist, auch im Auto gebracht wird. Zum Beispiel, dass sich das Variodach beim neuen Modell beim Anfahren bis zu einer Geschwindigkeit von bis zu 40 km/h öffnen und schließen lässt.

„Also kein Poker mehr an der roten Ampel beim Öffnen oder Schließen, schaff‘ ich‘s, schaffe ich es nicht…“ sagt Engelke. Sie fährt seit acht Jahren durchgängig SLK, und rechtzeitig im Mai soll nun ein SLC 43 AMG vor der Garage stehen. Also doch ein Frauen-Auto. Das von 0 auf 100 km/h in 4,7 Sekunden beschleunigt. Gendering kann auf sehr positive Art verwirrend sein. Ich werde so rot wie der SLC, warum auch immer, und verabschiede mich in 4,6 Sekunden.

Das Beste zum Schluss

Bevor mein Tag auf dem Genfer Salon auch schon wieder vorbei ist, nehme ich noch eine wichtige Nachricht mit, die die Zukunft der Deutschen Automobil-Industrie beeinflussen wird. Daimler will seine Batterieproduktion in Deutschland weiter ausbauen.

Wir investieren deshalb 500 Millionen Euro in den Bau einer zweiten Batteriefabrik in Deutschland,

sagt Daimler-Chef Dieter Zetsche.  Die Kapazitäten im sächsischen Kamenz werden deutlich erweitert. Der Bau soll im Herbst 2016 starten. Das an die bestehende Produktion angrenzende Werk soll im Sommer 2017 den Betrieb aufnehmen. Und das ganz ohne Voodoo…

Der Beitrag Genf: Gedränge und eine Menge Neuigkeiten erschien zuerst auf Daimler-Blog.


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